
„Ich bin doch keine Kuh.“
„Seltsam, ich komme mir vor, als würde ich an einer Melkmaschine hängen.“
„Was, du stillst noch?“
„Tja, das ist der Vorteil von der Flasche – mein Baby schläft durch!“
„Wird Zeit, dass du abstillst, damit du mal wieder was trinken kannst.“
„In zu kurzen Abständen stillen, löst Bauchweh aus.“
„Igitt, natürlich habe ich nicht meine Muttermilch probiert!“
Diese oder ähnliche Aussagen begegneten mir regelmäßig im Alltag – beiläufig gesagt, manchmal mit einem Lächeln, manchmal mit spürbarem Zweifel oder sogar mit einer gewissen Abwehrhaltung.
Ich möchte sie nicht bewerten – weder als richtig oder falsch einstufen, noch die Personen kritisieren, die sie äußern. Und doch lösen diese Sätze etwas in mir aus: Nachdenklichkeit.
Woher kommen diese Meinungen und Haltungen?
Einige dieser Aussagen beruhen schlicht auf Unwissen. Andere spiegeln gesellschaftliche Prägungen, veraltete Informationen oder persönliche Erfahrungen wider.
Ein Blick auf die Statistik zeigt:
- Rund 90 % der Schwangeren möchten gerne stillen
- Doch nur 68 % stillen tatsächlich ausschließlich
- Nach vier Monaten sind es noch 40 %, nach sechs Monaten sogar nur noch 12,5 %
(Quelle: Bundesgesundheitsblatt, 2018 / KiGGS Welle 2)
Diese Zahlen sprechen für sich – etwas scheint auf dem Weg verloren zu gehen. Information? Unterstützung? Vertrauen?
Auch meine Denkweise war einst geprägt von Halbwissen
Ganz ehrlich: Zu Beginn meiner Schwangerschaft war auch ich beeinflusst – von meinem Umfeld, von Ängsten, von dem, was man eben so hört.
Wenn mich jemand fragte:
„Willst du stillen?“,
antwortete ich zögerlich:
„Ja, wenn’s klappt. Ich lasse es auf mich zukommen.“
Wenn mich jemand fragte:
„Wie lange möchtest du stillen?“,
antwortete ich fraglich:
„Ich denke ein halbes Jahr, so wie es empfohlen wird“.
Heute weiß ich: Diese Haltung war Ausdruck von Unsicherheit. Warum eigentlich sollte es nicht klappen? Wieso stellt sich die Frage überhaupt so oft – als sei Stillen etwas Schwieriges, fast Unerreichbares? Gibt es einen Grund, warum man sich zeitlich festlegen sollte?
Wissen ist Macht – auch beim Stillen
Diese Gedanken waren mein Weckruf. Ich beschloss, mich zu informieren. Ich bestellte Bücher, sprach mit meiner Hebamme (die zum Glück auch Stillberaterin ist) und begann, mich mit dem Thema ernsthaft auseinanderzusetzen.
Was ich daraus lernte, war simpel und doch tiefgreifend:
Stillen ist eine Fähigkeit – keine Selbstverständlichkeit. Es braucht Wissen, Geduld und Übung.
Und Vorbereitung ist dabei wirklich die halbe Miete.
Angebot und Nachfrage – nicht nur in der Wirtschaft
Während der Anfangszeit war mein Stillbuch mein ständiger Begleiter. Immer wieder schlug ich nach – besonders wenn ich an mir oder dem „Stillen nach Bedarf“ zweifelte.
Ich war (und bin) fasziniert, wie perfekt das System „Angebot und Nachfrage“ funktioniert – nicht nur im Markt, sondern auch beim Stillen.
Schon während der Schwangerschaft veränderte sich meine Einstellung.
Ich freute mich aufs Stillen, denn ich erkannte den Wert dieser natürlichen Verbindung. So wusste ich: Ich werde stillen – ohne zeitliche Begrenzung, ohne gesellschaftliche Vorgaben.
Eine Mama, keine Kuh
Natürlich gab es auch bei mir Grenzen, Zweifel, Tränen.
Auch nach 14 Monaten kam ich noch an meine Belastungsgrenzen. Aber dennoch: Ich würde diesen Weg immer wieder gehen.
Ich habe mir im Laufe der Zeit mein eigenes Bild einer stillenden Frau geschaffen. Und das hat mit dem Bild einer „Kuh“ rein gar nichts zu tun.
Es ist das Bild einer Mutter, die ihr Kind auf die natürlichste und liebevollste Weise ernährt.
Nicht immer ist Stillen möglich – und das ist okay
Bei all meiner Überzeugung ist mir auch eins klar: Manchmal macht die Natur nicht mit. Und dann ist der Wunsch zu stillen, so groß er auch ist, einfach nicht erfüllbar.
Ich empfinde große Achtung vor Müttern, die alles versuchen, um zu stillen – mit Büchern, Stillberaterin, Austausch – und dennoch an Grenzen stoßen.
Wie gut, dass es Alternativen wie Pre-Nahrung gibt, die eine gesunde Ernährung des Babys trotzdem möglich machen.
Eine Beziehung besteht immer aus zwei
Ganz klar, Stillen ist eine Beziehung – zwischen Mama und Kind.
Und wie in jeder Beziehung zählt hier: Beide Seiten sind wichtig.
Deshalb achtete ich auf meine Bedürfnisse genauso wie auf die meines Kindes. Und genau das ist es, was für mich eine gelungene Stillbeziehung ausmacht.
Mein Fazit
Ich wünsche mir, dass wir alle – egal ob stillend, nicht stillend oder irgendwann einmal vielleicht stillend – mehr Verständnis füreinander aufbringen.
Dass wir aufhören, vorschnell zu urteilen, und stattdessen nachfragen, zuhören und unterstützen.
Denn eines ist klar:
Stillen ist viel mehr als nur Nahrung. Es ist Verbindung, Vertrauen, Nähe und ein Stück Freiheit – auch wenn das manchmal im Alltag untergeht.
Liebe Mamagrüße,
Maria